träge sonnenfäden
werfen einen vorhang durchs fenster
auf dem spiegel schweigt der staub
hinter den blauen läden
beschleunigt sich dein pulsschlag
wandern die gedanken
die nackten beine hinauf
bis zum ufer vergeht
der nachmittag mitten im leben
Hermann Josef Schmitz
Morgendlich sechs:
zu lesen, zu ruhen: zu
baden. Geschirrt. Das Bedenken, lässlich,
und in der Sänfte sich
wechselseitig wiegen heissen.
Es
weichen die Zeichen, stürzt
die Dialektik, aussen, vor
sonnenabschirmenden, wehrenden
Vorhängen. Nicht einen Blick verschwendet
an Geometer, die sprengenden
Muskeln. Im Schatten jedoch, geständig,
schürfen die Griffel ohne
Entsatz.
Gerhard Neumann
hier könnte man sterben
wenn es so weit wäre
in die lichten baumkronen blickend
käme ein warmer wind der flirrend
zwischen den weißen flügeln verweilte
der duft kommender schmetterlinge
wäre dein letzter proviant
während die schatten länger würden
ein letzter atemzug ins vergehende blau
und dann bliebe die welt
zurück
Hermann Josef Schmitz
"Köln ist mein Heimathafen. Meine Gefühle sind natürlich auch mit Sentimentalitäten aufgeladen. Das Grösste für mich als Kind war, dass mir meine Mutter eines Tages erlaubte, auf der anderen Seite des Flusses zu spielen. Also ging ich über die Südbrücke zu den Poller Wiesen. Da fing für mich die weite Welt an. Wenn ich heute nach Hause fliege, versuche ich immer, einen Platz auf der rechten Seite der Maschine zu bekommen. Dann kann ich mit etwas Glück beim Landeanflug den Rhein sehen, den Dom und manchmal auch mein Haus auf dem Römerberg. Sitze ich links und schaue durchs Fenster, dann sehe ich nur Bergisch Gladbach und Leverkusen."
Wolfgang Niedecken im Interview Zeitmagazin Nr. 13
Sehr berührend ...
dieser versiegelte blick
dessen nichtssagen
ohne erschütterung bleibt
diese angepassten sätze
deren verrat
keine wahrnehmung hat
dieser kleine unterschied
abseits von titel und geld
eine bewegung
ein räuspern
ein erschrockener luftzug im gang
Hermann Josef Schmitz
Wieder duftet der Wald.
Es heben die schwebenden Lerchen
mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war;
zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war, -
aber nach langen, regnenden Nachmittagen
kommen die goldübersonnten
neueren Stunden,
vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten
alle die wunden
Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.
Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser
über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.
Alle Geräusche ducken sich ganz
in die glänzenden Knospen der Reiser.
Rainer Maria Rilke
Ich wünsche Euch schöne, besinnliche und hoffentlich auch besonnte Ostertage. Möge es Euch gut gehen.
du brauchst keinen mut mehr
um jemanden anzuprangern
du brauchst kein gesicht mehr
und keinen namen
um jemand ans kreuz zu liefern
es genügt sich bequem
vor den bildschirm zu setzen
und die hetzjagd zu starten
längst hat die flatrate
nicht mehr den preis von
dreissig silberlingen
aber einmal mehr ist das opfer
nicht schuldig gewesen
Hermann Josef Schmitz